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Assistenz als Sehende Begleitung

Im Rahmen von nueva-Evaluationen und des Bildungsprogramms „Starke Beiräte“ befragt und fördert GUT GEFRAGT auch blinde und sehbehinderte Menschen. Aus diesem Grund und zur besseren Unterstützung unserer blinden Peer-Expertin haben unsere Assistenzkräfte eine ganz besondere Schulung mitgemacht. Bei einer Selbsterfahrung mit verbundenen Augen erlebten sie, wie es sich anfühlt, eine Rolltreppe zu benutzen, ohne sehen zu können, und wie bedrohlich der Lärm einer einfahrenden S-Bahn sein kann. Mit Rehabilitationslehrerin Ulla Jalass haben sie Techniken der „Sehenden Begleitung“ für eine noch bessere Assistenz erlernt.

In der vierstündigen Schulung ging es darum zu begreifen, was seheingeschränkte Menschen tagtäglich meistern und was Sehende beherzigen können, um ihnen das Leben einfacher zu machen. Ulla Jalass schult üblicherweise blinde und sehbehinderte Menschen in Orientierung und Mobilität. Diesmal ging es darum, Sehende zu sensibilisieren, Empathie zu wecken und auf Sicherheitsaspekte aufmerksam zu machen. Zu Beginn stellte die Rehabilitationslehrerin verschiedene Hilfsmittel vor, die fehlendes Sehvermögen ausgleichen. Zum Beispiel: eine Einfüllhilfe für Tassen, die mit einem Sensor erfasst, wie voll die Tasse schon ist, und piept wenn die Füllhöhe erreicht ist.

Sicher und wirksam begleiten

Im Zentrum der Schulung stand die „Sehende Begleitung“. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine überregional einheitliche Technik, die es ermöglicht, die zu begleitende Person sicher und wirksam zu führen, und ihre aktive Teilnahme unterstützt. Über den sogenannten Führarm erhält die Person dabei alle notwendigen Informationen. Beispiel: die Technik für enge Stellen, bei der die Begleitperson den Führarm nach hinten streckt, vor den oder die Seheingeschränkte:n tritt und beide hintereinander etwa durch einen schmalen Eingang gehen.

In einer praktischen Übung konnten unsere Assistenzen die „Sehende Begleitung“ selbst ausprobieren – sowohl als Begleitperson als auch in der Rolle des blinden Menschen. Paarweise – jeweils eine:r mit einer Augenbinde ausgestattet – ging es zu einer Bushaltestelle an einer vierspurigen, viel befahrenen Durchgangsstraße, weiter mit dem Bus und mit der S-Bahn durch die Stadt, schließlich zu Fuß zurück zu GUT GEFRAGT. Ampeln, Rolltreppen, ein Fahrstuhl, dicht gedrängte Bahnsteige und mit viel Getöse einfahrende Bahnen waren dabei nur ein Teil der Herausforderungen.

Hohe Verantwortung der begleitenden Person

„Es war gut und wichtig, daran erinnert zu werden, wie ein blinder Mensch sich in seiner Umgebung immer wieder neu orientieren muss und dass fremde Geräusche und Gerüche manchmal eher belastend als hilfreich sind“, sagt Deborah Mayes, Assistentin bei GUT GEFRAGT. Kollegin Nica Geese ergänzt: "Erst war ich etwas ängstlich, mich mit vollem Vertrauen der Führung zu übergeben. Das hat mir nochmal besonders deutlich gemacht, wie viel Verantwortung die begleitende Person trägt und wie wichtig es ist, der nicht sehenden Person ein möglichst hohes Maß an Sicherheit zu geben."

Auch zum Blindenstock lieferte die Schulung viele interessante Informationen. So lernten unsere Assistenzen, wie eine Stockspitze – in der Regel eine Rollspitze – ausgetauscht wird, wenn beispielsweise das Kugellager kaputt oder der Kunststoff abgewetzt ist.

Einblick in die Welt nicht sehender Menschen

„Einen Einblick in die Welt von nicht oder schlecht sehenden Menschen zu erhalten, war für mich sehr wichtig, um auch nur im Ansatz die Herausforderungen des täglichen Lebens, mit denen diese Menschen konfrontiert sind, nachempfinden zu können“, sagt GUT GEFRAGT-Assistentin Anja Schulz. „Für mich als Sehende sind die ständigen Kraftanstrengungen und die damit verbundenen geistigen und körperlichen Leistungen nichtsehender Menschen kaum vorstellbar.“ Die Schulung vermittelte einen kleinen Eindruck dieser Leistungen, zugleich erhielten die Teilnehmenden viele praktische Tipps für ihren Arbeitsalltag.

Mehr Informationen über die „Sehende Begleitung“.

Mehr über die Schulungen von Rehabilitationslehrer:innen.

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